
© Julia Scheibeck
Viele erinnern sich sicher daran, wie sie 2008 vor ihren Fernsehern saßen, als Thomas Godoj die fünfte Staffel „Deutschland sucht den Superstar“ gewann. Am 3. November erscheint sein neues Album „Album des Jahres“, mit dem er auf Tour geht und auch Halt in Potsdam macht. Wir haben mit ihm darüber gesprochen.
Mit deiner Tour feierst du dieses Jahr auch dein 15-jähriges Bühnenjubiläum. Wie blickst du auf diese Zeit zurück?
Das war ein ganz schöner Ritt… In 15 Jahren ist einfach sehr viel passiert. Eigentlich müsste ich noch fünf Jahre oben draufpacken, denn die „15 Jahre Bühnenjubiläum“ habe ich jetzt nur auf die Zeit nach meinem Sieg bei DSDS bezogen. Aber eigentlich mache ich ja schon viel länger Musik und stehe auf der Bühne.
Welche Momente sind dir in den letzten 15 Jahren am meisten in Erinnerung geblieben?
Es gibt so viele wichtige Momente, auch abseits der Musik. Die beiden wichtigsten sind ganz klar die Geburten meiner beiden Kinder. Natürlich hat auch der Moment, in dem 2008 mein Name als Sieger der fünften DSDS-Staffel verkündet wurde, einen besonderen Platz in meinen Erinnerungen. Aber für mich persönlich noch bedeutender sind die vielen Live-Konzerte. Das verliert nie an Bedeutung und ist immer wieder besonders, wenn du mit deiner Band und deinen eigenen Songs das Publikum zum Ausrasten bringst. Was noch eine krasse Erinnerung ist, die maßgeblich meine persönliche Zeiten-Wende markiert hat, war der Moment, als mein allererstes Crowdfunding in kürzester Zeit erfolgreich war. Damit war der Grundstein meiner Selbständigkeit und Unabhängigkeit als Musiker gelegt.
Dein neues Album „Album des Jahres“ ist jetzt dein fünftes, das durch Crowdfunding finanziert wurde und hat in weniger als einem Tag bereits die benötigte Summe erreicht. Was hat dich zum Crowdfunding motiviert?
Ich stand 2014 vor der Entscheidung, entweder meinen Plattendeal noch einmal zu verlängern und mich zu eher schlechten Konditionen für drei weitere Alben zu verpflichten oder alles bisher Gewesene in den Wind zu schießen und den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen. Ich habe mich für letzteres entschieden und dafür das damals noch recht unbekannte Konzept des Crowdfundings meinen Fans auf den Konzerten näher gebracht. Auch heute wird Crowdfunding ja noch oft als „Spenden einsammeln“ missverstanden — eigentlich kann man es aber wie einen für drei Monate öffnenden Pop-up-Online-Store betrachten, in dem ich sowohl Dienstleistungen in Form von Wohnzimmerkonzerten als auch Merch zum Kauf anbiete, um mit dem Erlös mein nächstes Album zu produzieren. Was im Klartext heißt: Ich arbeite, um Geld zu verdienen, um mit diesem Geld weiterarbeiten zu können.
Schauspieler Kit Williamson sagte einmal, dass Crowdfunding wichtig sei, um Geschichten zu erzählen, die sonst keine Finanzierung gehabt hätten. Von welchen Geschichten berichtest du denn auf deinem neuen Album?
Von vielen. Zum Beispiel beginnt das Album mit meiner persönlichen Ode an die Musik und was sie mir bedeutet. Dann folgt der Song „Brücken Bauen“, der eigentlich ein Appell ist, mal seinen eigenen Stolz beiseite zu stellen. „Tabula Rasa“ ist ein Track, der Social-Media-Abhängigkeit und ‚Gefangenschaft‘ in dieser Scheinwelt thematisiert. „Wahres Gesicht“ ist ein sehr persönlicher Song, bei dem es um die inneren Gefühle geht, die man so selten nach außen zeigen möchte — vielleicht auch, weil man sie selbst nicht wahrhaben möchte. „Letzter Blick“ ist ein Lied, das diesen Moment beschreibt, in dem man auf eine bestimmte Person trifft, von der man instinktiv weiß, dass da eine tiefe Verbindung herrscht, auch wenn man sich vielleicht noch gar nicht gut kennt. So hat jeder Song seine eigene Geschichte.
Gibt es Musiker:innen oder Songs, die dich in deiner Musikerkarriere inspiriert haben?
Aber klar, da gibt es einige: Type 0 Negative, Alice in Chains, Pearl Jam, Soundgarden, Foo Fighters, Alter Bridge, Tremonti…
Was inspiriert dich sonst noch?
Das Leben!
Wie entstehen deine Songs und Texte?
Manchmal kommen Themen und Ideen einfach angeflogen, drängen sich sozusagen auf und wollen in Songs verarbeitet werden. Manchmal sind es bestimmte Dinge, die schon lange in einem arbeiten, die dann musikalischen Ausdruck finden. Seit „Stoff“ arbeite ich im Team mit René Lipps und Julia Scheibeck an meinen Songs. René ist mein Produzent und Multiinstrumentalist, der eigene Kompositionen einbringt, aber auch meine Melodie-Ideen genial in Songstrukturen verpackt und produziert. Julia ist meine Partnerin und zugleich eine unglaubliche Texterin, die sowohl meine als auch ihre eigenen Gedanken und Ideen super auf den Punkt bringen und singbar schreiben kann.
Welches deiner Lieder magst du am meisten?
Ganz schwer zu sagen… Immer wenn man etwas neu erschaffen hat, sind das die aktuellen Lieblingssongs — somit sind eigentlich all meine Songs Lieblingssongs, denn sonst hätten sie es nicht auf ein Album geschafft. Aber thematisch besonders wichtig sind mir zum Beispiel „Winterkinder“, ein Song über Kindesmissbrauch, „Auf die Freiheit“, die einfach allen zusteht und doch leben nicht alle auf diesem Planenten in Freiheit und Frieden. Dann noch „Astronaut“ — ein Song aus der Perspektive eines Astronauten, der von oben sieht, wie wir Menschen mit unserer einzigen Heimat umgehen.
Passend zu deinem Album gehst du auch gleich damit auf Tour. Hast du bestimmte Rituale vor oder nach deinen Konzerten?
Vorher wird der Sound gecheckt, etwas gegessen und dann noch eine Runde gechillt — mich überfällt kurz vorher oft so eine seltsame Müdigkeit, die anderen nennen das ‚Fluchtschlaf‘ (lacht). Ich glaube, ich tanke da noch einmal maximale Energie, um dann so richtig loslegen zu können. Nach den Konzerten gehe ich dann immer raus zum Merch-Stand und rede noch eine Runde mit den Fans, die noch Autogramme oder Fotos möchten.
Wenn du dieses Jahr die Zeit finden solltest, was würdest du dann am liebsten in Potsdam erkunden?
Ich würde die Stadt an sich erkunden wollen. Für eine der vielen Sehenswürdigkeiten könnte ich mich jetzt gar nicht entscheiden. Vielleicht den Park Sanssouci. Aber am allerliebsten würde ich erkunden, wie das Potsdamer Publikum so drauf ist. L. Müller
Thomas Godoj „Tour des Jahres“ Tour 2023, 16.11., 20 Uhr, Lindenpark, Eintritt: VVK 38 Euro, AK 45 Euro, www.lindenpark.de