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30 Jahre Waschhaus
Vom besetzten Haus zum größten Kulturbetrieb Potsdams
Seit 30 Jahren veranstaltet das Waschhaus das abwechslungsreichste Kunst- und Kulturprogramm der Stadt. Dabei bleibt es seinem Motto 360° treu und bietet Platz für alle. Jetzt feiert das Waschhaus nicht nur seinen Geburtstag, sondern das ganze Geburtsjahr mit einem besonderen Programm.
Kurz nach der Wende wurde das verlassene Gelände in der Schiffbauergasse von Kunst- und Kulturschaffenden besetzt. Seitdem wuchs das Waschhaus zum größten sozio-kulturellen Zentrum Potsdams heran. Jährlich kommen über 120.000 Besucher, um die Veranstaltungen aus dem umfangreichen Programm zu genießen. Dabei lassen sich die Bereiche Tanz, Bildende Kunst, Clubkultur sowie Konzert und Literatur erleben. Diesen vielfältigen Freiraum gab es nicht immer.
Wie alles begann
Woher hat das Waschhaus eigentlich seinen Namen? Tatsächlich wurde das Gebäude 1880 als Königliche Dampfwaschanstalt für Militäruniformen errichtet, später umbenannt und durch das russische Militär genutzt. Nach einem Brand und der darauffolgenden Wiedervereinigung wurde die Wäscherei woanders neu errichtet und das Militär zog ab. In dieser Zeit der Aufbruchstimmung entdeckten Potsdamer Künstler das freistehende Gelände. Doch das gesamte Areal lag brach. Die Natur hatte sich den Raum bereits zurückerobert, Efeu wuchs über die halb zerfallenen Häuser und Bäume schmückten die Dachrinnen. Deshalb wurde das Waschhaus durch die Kunst- und Kulturszene 1992 besetzt und vor dem Zerfall bewahrt.
Der Umbau
Es gab viel zu tun. Das Gebäude musste komplett entkernt werden. Die riesigen Waschtrommeln, einige Zwischenwände und der Schutt kamen raus. Es gab keine zentrale Organisation, sondern alle packten mit an, Tänzer, Musiker, Bildende Künstler, Techniker und Leute die Kino machen wollten.
Die Planung
Obwohl der Waschhaus e.V. bereits 1993 gegründet wurde, herrschte viel Chaos, weil die beteiligten Kunst- und Kulturschaffenden verschiedene Visionen für das Gelände hatten. Trotz der verschiedenen Ideen fühlten sich alle zu Hause und das Waschhaus gehörte allen. Damit keiner zu kurz kam, wurde zu dieser Zeit im Waschhaus sehr basisdemokratisch entschieden.
Die organisatorischen Abläufe liefen nocht nicht immer reibungslos. So kam es einmal vor, dass bei einer der ersten Kinoveranstaltungen die Veranstalter und Besucher vor verschlossener Tür standen. Der Verantwortliche mit dem Schlüssel fehlte und Handys gab es noch nicht. Kurzerhand wurde das Schloss geknackt und der Film konnte doch noch gezeigt werden.
Die ersten Veranstaltungen
In dieser sehr experimentellen Zeit wurden erste größere Veranstaltungen organisiert. Es entstanden klare Strukturen und konkrete Arbeitsverträge mit Zuständigkeitsbeschreibungen. Als der Umbau abgeschlossen war, entstanden die ersten großen Events. Im Waschhaus wurde in den ersten Jahren viel Musik gespielt.
Technoevents, ein Afrikafest und zahlreiche Konzerte fanden statt. Viele heute bekannte Bands haben damals im Waschhaus gespielt: Freundeskreis, Rammstein, Motorhead, die fantastischen Vier, Tocotronic und Rosenstolz mit dem unvergesslichen Zuschauerrekord von 5000 Leuten. Getanzt wurde auch: zum Beispiel im Rahmen des Flamencofestivals 1995 in der damals noch unsanierten Arena. Außerdem gab es eine moderne Oper und eine Kunstausstellung, die wie andere Formate bis heute existieren. Dazu gehören auch kleinere Partys, die sich über die Zeit mit zunehmender Aufmerksamkeit etablierten. Bis heute gibt es die Veranstaltung Club Color.
Das Waschhaus heute
Auch wenn manche Partys geblieben sind, hat sich das Waschhaus über die Jahre deutlich verändert. Alles ist etwas aufgeräumter, ordentlicher und glattgebügelter. Die Zeiten der Besetzung sind vorbei und das Haus wurde zu einem gut organisierten und geförderten Kulturbetrieb. Im Kern ist das Waschhaus seinem Motto 360 Grad treu geblieben. Es werden möglichst alle Kunst- und Kulturspaten bedient. Das heutige sozio-kulturelle Zentrum Waschhaus besteht aus vier Bereichen. Zum einen gibt es das Bühnenprogramm, das sich aus Lesungen, Kabarett, Comedy, Slams, Theater, Generationenchor und Konzerten zusammensetzt. Außerdem gibt es die Oxymoron Dance Company. Diese bietet Tanzkurse an und zeigt Inszenierungen auf der Seebühne. Als drittes macht der Kunstraum mehrere Ausstellungen im Jahr, greift gesellschaftlich relevante Strömungen auf und stößt öffentliche Diskurse an. Im vierten Bereich kann es richtig laut werden. Große Konzerte, der Open-Air-Kinosommer und die legendären Partys beleben die Herzen der Leute.
Das Jubiläumsjahr
Die große Waschhaus Geburtstagsfeier ist nicht nur an einem Tag, sondern erstreckt sich über das ganze Jahr. Das heißt vor und nach den zwei großen Festivaltagen im Juli wird es unzählig kleinere Events geben, die 30 Jahre Waschhaus feiern. Zu den bekanntesten gehört das Konzert von Tocotronic. Live und Open Air spielen sie am 3. September, um dem Waschhaus auf ganz besondere Art zu gratulieren. Auch unter freiem Himmel wird die Band Dicht & Ergreifend am 9. Juli im Waschhaus spielen. Das Havelbeatsfestival findet ebenfalls wieder am 5. und 6. August statt. Die Silent Disco, die sich während der Pandemie etabliert hat, wird es weiter geben.
Außerdem wird es in diesem Sommer zahlreiche Vorführungen auf der Seebühne zu sehen geben. Neben dem Bühnenprogramm lädt der Kunstraum zur Exposed-Ausstellung ein. Das Stadtmagazin EVENTS wünscht Happy Birthday! P. Jaeger
30 Jahre Waschhaus –
Das Geburtstags-Open-Air-Festival
Samstag 23.07. Part I
• Die Orsons
• Grossstadtgeflüster
• Haiyti
• Dilla
Samstag 30.07. Part II
• Betterov
• Edwin Rosen
• Greeen
• Iriepathie
• Lina Maly
• Kaffkiez
• Kytes
Waschhaus, Schiffbauergasse 6, Tel. (0331) 27 15 60, www.waschhaus.de